Die Geschichte der Bakteriophagen-Therapie
1895
Ernest Hanbury Hankin beobachtete, dass die in den Flüssen des Ganges und Yamuna in Indien lebenden Cholera-Bakterien von etwas getötet wurden. Die Ursache konnte jedoch nicht weiter identifiziert werden (E. H. Hankin, 1895).
1905
Nach langjähriger Forschung konnte Ernest Hanbury Hankin das Phänomen beschreiben und veröffentlichte einen Beitrag mit dem Titel „On the Epidemiology of Plaque“ (Hankin, 1905).
1915
Der englische Bakteriologe Frederick W. Twort beschrieb ein „ultramicroscopic virus“, das als „transparentes Material“ Bakterien zerstören konnte, sich ohne diese aber nicht vermehren ließ und darüber hinaus in Infektionsversuchen mit Labortieren keinerlei Pathogenität aufwies (Frederick W. Twort, 1915).
1917
Felix d’Herelle nannte diese Bakterienkiller Bakteriophagen und bewies, dass sie sich als Therapeutikum gegen Ruhr auslösende Bakterien einsetzen ließen (Felix d’Herelle, 1917).
1923
Gründung des Georgi-Eliava-Instituts für Bakteriophagen, Mikrobiologie und Virologie in Tibilisi, Georgien, durch den Mikrobiologen Georgi Eliava (Chanishvili et al., 2022).
1933
Felix d’Herelle arbeitete am Georgi-Eliava-Institut (Chanishvili et al., 2022).
1939
Sichtbarmachung von Phagen durch die Arbeit von Helmut Ruska in Berlin (Ruska, 1942)
1941
Ablehnung der Phagentherapie durch Mediziner Monroe D. Eaton und Stanhope Bayne-Jones. Das Interesse an Bakteriophagen ging mit der Entdeckung von Antibiotika verloren (Eaton and Bayne-Jones, 1934; Krueger and Scribner E. Jane, 1941).
Heute
Das weltweite Auftreten multiresistenter Bakterien als Verursacher tödlicher Infektionen hat das Interesse an der Phagentherapie wieder geweckt. Aktuell wird an einer Ergänzung der Europäischen Pharmacopoeia – allgemeinen Paragraphen (General Chapter) zur Regelung der magistralen Herstellung und therapeutischen Anwendung von Phagen in der Human- und Veterinärmedizin gearbeitet.
Grundlage dafür soll der General Monograph, Phage Active Pharmaceutical Ingredients, aus Belgien sein. Bereits 2016 wurde in Belgien, als erstem Land in der EU, die individuelle Humantherapie mit magistral hergestellten Phagensuspensionen zugelassen. Auch der Anhang II zur VO EU 2019/6 enthält erste Vorgaben der EMA zu Qualitätsanforderungen für den Einsatz von Bakteriophagen
Literaturnachweis
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Chanishvili, N., Myelnikov, D., and Blauvelt, T. K. (2022). Professor Giorgi Eliava and the Eliava Institute of Bacteriophage. Phage (New Rochelle) 3, 71–80. doi: 10.1089/phage.2022.0016
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E. H. Hankin (1895). Observations on Cholera in India. Ind Med Gaz.
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Eaton, M. D., and Bayne-Jones, S. (1934). Bacteriophage Therapy. JAMA 103, 1769. doi: 10.1001/jama.1934.72750490003007
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Felix d’Herelle (1917). On an invisible microbe antagonistic to dysentery bacilli.
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Florian Georg Leupold (2018). Die Geschichte des VEB Serum-Werk Bernburg von 1954 bis 1990 unter besonderer Berücksichtgung biogener Arzneistoffe.
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Frederick W. Twort (1915). An investigation on the nature of ultra-microscopic viruses.
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Hankin, E. H. (1905). On the Epidemiology of Plague. J. Hyg. 5, 48–83. doi: 10.1017/s0022172400002357
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Krueger, A. P., and Scribner E. Jane (1941). The Bacteriophage. JAMA 116, 2269. doi: 10.1001/jama.1941.62820200013011
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Ruska, H. (1942). “Morphologische Befunde bei der bakteriophagen Lyse,” in Morphologische Befunde bei der bakteriophagen Lyse (Springer, Berlin, Heidelberg), 345–387.